Wir blicken vom Deich bei Ebbe über die Nordsee und sehen eine dunkelgraue, tot anmutende und zunächst nicht sonderlich einladende, matschige Fläche. Doch der Schein trügt – es steckt voller Leben.
Das Wattenmeer vor Norddeich ist UNESCO-Weltnaturerbe und erstreckt sich entlang der 450 km langen Nordseeküste vor den Niederlanden, Deutschland bis hin nach Dänemark. Zweimal am Tag während Ebbe sieht es so aus wie bei unserer ersten Begegnung – hauptsächlich grau und matschig. Während der Flut sieht es aus wie … wie Meer halt.
Unsere Wattwanderung machen wir natürlich bei Ebbe, die in diesen Tagen auf drei Uhr am Nachmittag fällt. Ins Watt geht man am besten mit einem Wattführer – einerseits sieht man so viel mehr und andererseits sind die Priele (Wasserzuflüsse und -abflüsse aus der Nordsee) nicht immer gut erkennbar und damit lebensgefährlich.
Wir gehen mit der Wattführerin Anita, einer kernigen Ostfriesin, die unsere 25 Personen große Gruppe mit den Worten „ach wir bleiben erst einmal hinter dem Deich – ich seh schon euch ist kalt“ begrüßt.
Wintergefühle im Mai
Auch wenn die 11 Grad Anfang Mai für Ostfriesland gar nicht so kalt sind, weht tatsächlich ein recht kühler Wind. Wir sind froh über unsere dicken Jacken, Mützen und Handschuhe.
Als Tipp für Nicht-Nordlichter: Zieht euch wirklich warm an und bringt am besten Gummistiefel mit. Wir hatten Wanderschuhe – das ging auch, aber wir haben die Pfützen so gut wie möglich gemieden und nicht nach Tieren im Watt gesucht.
Wir sind auch super froh, dass wir die Kumja für die Kleine haben. In einer Trage über der Jacke wäre es für sie ganz schön kalt. Andere Teilnehmer brechen deswegen sogar die Wanderung ab.
Belebter Meeresboden
Dank unserer Führerin entdecken wir eine ganze Reihe Tiere: Natürlich Wattwürmer, heimischen Krebse, asiatische Krebse, Garnelen, Miesmuscheln und asiatische Austern. Interessant ist, dass eine ganze Reihe asiatischer Tierarten heimisch geworden sind. Das kommt daher, dass vor den Inseln eine der meist befahrensten Seestraßen entlangführt und die Schiffe ihre Tanks durchspülen dürfen. Da ist wohl dann auch die eine oder andere Tierlarve mit an Board.
Der Klimawandel ist auch im Watt angekommen. Durch die wärmeren Temperaturen wachsen die Austern viel schneller, so dass es zahlreiche Austernbanken gibt. – Wir lernen auch: Man schlürft Austern nicht einfach, sondern kaut sie, ansonsten gibt es Magengrummeln.
Der Wattboden bietet nicht nur vielen Tieren einen Lebensraum, sondern ist übrigens auch ein super Wellnessprodukt: Als Maske oder Körperpackung hilft der Schlamm bei vielen Hautproblemen wie Akne oder Neurodermitis und entschlackt, was super gegen Cellulite hilft.